Forschungs-Nachricht
Stellen Sie sich eine Fruchtfliege vor, die sich durch eine hektische Umgebung bewegt, Fressfeinden entwischt und Hindernissen mit unglaublicher Präzision ausweicht. Diese schnellen Richtungswechsel, bekannt als Sakkaden, sind für das Überleben der Fliegen entscheidend – doch wie steuert ein so kleines Gehirn diese blitzschnellen und präzisen Manöver?
In einer aktuellen Studie, die in Current Biology veröffentlicht wurde, haben Forschende der Forschungsgruppe Neurobiologie der Flugsteuerung am Max-Planck-Institut für Neurobiologie des Verhaltens – caesar ein entscheidendes Puzzlestück entdeckt. Unter der Leitung von Elhanan Buchsbaum und Dr. Bettina Schnell untersuchte das Team ein spezifisches absteigendes Neuron namens DNp03, das eine zentrale Rolle dabei spielt, Sinneswahrnehmungen in die schnelle Entscheidung umzusetzen, während des Fluges die Richtung zu ändern.
DNp03 empfängt Signale von visuellen Interneuronen, die sich nähernde Objekte – wie einen angreifenden Räuber – erkennen, und überträgt diese Signale an die Motoneuronen, die die Flügelbewegung steuern. Mithilfe fortschrittlicher elektrophysiologischer Methoden zeichnete das Team die Aktivität von DNp03 während simulierten Flugs auf und stellte fest, dass das Neuron sowohl während des Fluges als auch im Ruhezustand auf drohende Reize reagiert. Allerdings sind die Reaktionen im Ruhezustand begrenzt und führen nicht zu Aktionspotenzialen, was darauf hinweist, dass die vollständige Aktivierung von DNp03 – und seine Rolle bei der Auslösung von Sakkaden – spezifisch für den Flug ist.
Die auffälligste Erkenntnis der Studie ist, dass DNp03 auch nach Ende des visuellen Reizes eine anhaltende Aktivität zeigt. Diese ausgedehnte Reaktion ist der stärkste Indikator dafür, ob die Fliege eine Sakkade ausführt. Mit anderen Worten, die Aktivität von DNp03 spiegelt den Entscheidungsprozess der Fliege wider. Um ihre Ergebnisse zu validieren, setzten die Forschenden Optogenetik ein und aktivierten DNp03 gezielt mit Licht während des freien Flugs. Diese Aktivierung löste zuverlässig Sakkaden aus, was die entscheidende Rolle dieses Neurons bei der Steuerung von Fluchtmanövern bestätigte.
„Diese Forschung zeigt, wie selbst ein kleines Gehirn komplexe Entscheidungen treffen kann, indem es sowohl sensorische Signale als auch innere Zustände berücksichtigt“, erklärt Dr. Schnell. „Das ist ein Schritt hin zum Verständnis grundlegender Prinzipien der neuronalen Verarbeitung und des Verhaltens.“
Obwohl DNp03 eine Schlüsselrolle bei der Auslösung von Sakkaden spielt, hebt die Studie auch hervor, dass andere neuronale Schaltkreise wahrscheinlich zur beobachteten Verhaltensvariabilität beitragen. Zukünftige Forschung wird darauf abzielen, zu entschlüsseln, wie diese Schaltkreise zusammenwirken, um die ausgefeilten Flugmanöver von Fruchtfliegen zu ermöglichen.
Diese Erkenntnisse erweitern nicht nur unser Verständnis des Insektenverhaltens, sondern bieten auch Einblicke, wie Tiere im Allgemeinen sensorische Informationen integrieren, um lebensrettende Entscheidungen zu treffen.
Lesen Sie die gesamte Studie hier.