Unsere Tiere

Lernen Sie unsere Versuchstiere kennen!
Alle von uns untersuchten Tierarten weisen faszinierende Verhaltensweisen auf und haben sich an eine spezielle Lebensweise angepasst. Sie sind hervorragende Modellorganismen für unsere vergleichenden neuroethologischen Ansätze.

Am MPINB untersuchen wir viele verschiedene Tierarten, von Würmern und Fliegen bis hin zu Fischen, Fröschen, Nagetieren und Vögeln. In unserem Tierhaus leben populäre Modellorganismen der biologischen Forschung wie die Fruchtfliege Drosophila melanogaster oder der berühmte Fadenwurm Caenorhabditis elegans, sowie Mäuse und Ratten. Wir arbeiten aber auch mit Tieren, die normalerweise nicht im Labor zu finden sind. Hierzu zählt unter anderem die afrikanische Graumullart Fukomys anselli, das Vierauge Anableps anableps oder der kannibalistische Fadenwurm Pristionchus pacificus.

Fukomys anselli

Ansells Graumull, Fukomys anselli, ist in Zentral-Sambia endemisch. Er lebt in sozialen Familienverbünden und bewohnt ausgedehnte unterirdische Tunnelsysteme. Da die Tiere in ständiger Dunkelheit leben, können sie sich nicht auf ihr Sehvermögen verlassen, um beispielsweise ihre Schlafkammer oder ihre Futterkammer zu finden. Zusätzlich zu ihren Nasen, Ohren und ihrem somatosensorischem System, die ihnen in begrenztem Umfang Informationen liefern, haben die Graumulle einen speziellen Sinn: Sie können das schwache Magnetfeld der Erde wahrnehmen und zur Orientierung nutzen. Der Magnetsinn ist bereits von Vögeln und Meeresschildkröten bekannt. Bisher ist jedoch unklar, wie dieses Sinnessystem bei Säugetieren funktioniert. Ansells Graumull ist eines der wenigen Nagetiere, von denen wir wissen, dass sie das Erdmagnetfeld wahrnehmen können. Die kleinen Nager sind daher ideal, um den Magnetsinn bei Säugetieren zu erforschen.

Unsere Forschungsgruppe Neurobiologie des Magnetsinns will mehr über dieses faszinierende Sinnessystem herausfinden. Lesen Sie mehr über ihre Forschungsarbeit in diesem Artikel, erschienen in der Zeitschrift Max Planck Forschung, oder auf der Webseite der Forschungsgruppe.

Anableps anableps

Anableps anableps ist eine der drei "Vieraugen"-Arten. Der Name führt allerdings in die Irre, da diese Fische in Wirklichkeit keine vier Augen haben. Ihre Augen sind aber in einen oberen und einen unteren Teil geteilt. Die Pupillen haben sich im Laufe der Evolution vertikal ausgedehnt und sind nur durch ein dünnes horizontales Pigmentband auf der Hornhaut in zwei Hälften geteilt. Der obere Teil der Augen von Anableps anableps ist für das Sehen in der Luft angepasst, der untere Teil für das Sehen unter Wasser. So kann der Fisch gleichzeitig über und unter Wasser scharf sehen, wenn er an der Wasseroberfläche schwimmt. Und das ist es, was diese Fische hauptsächlich tun, wenn sie Insekten fangen, die sich auf der Wasseroberfläche befinden. Vieraugen können sogar springen und Insekten im Flug fangen. Vieraugen sind lebendgebärend: Eier und Embryonen entwickeln sich im Körper der Mutter, die dann die Jungfische zur Welt bringt.

Anableps anableps ist ein idealer Organismus, um den Sehsinn zu untersuchen. Unsere Abteilung Computational Neuroethology untersucht die Netzhaut der Vieraugen, jene Schichten von Nervenzellen im Auge, die für die Umwandlung von Licht in elektrische Signale und die Weiterleitung dieser Signale an das Gehirn verantwortlich sind. Mit Hilfe hochmoderner Bildgebungstechnologien untersuchen unsere Forschenden die Reaktion dieser Zellen auf verschiedene visuelle Reize und wie diese Zellen miteinander verbunden sind. Sie wollen herausfinden, wie die Vieraugen ihre Sinneseindrücke aus den beiden unterschiedlichen Umgebungen Wasser und Luft gleichzeitig verarbeiten können.

Drosophila Melanogaster

Die winzige Fruchtfliege ist ein in der biomedizinischen Forschung weit verbreiteter Organismus. Die Liste der grundlegenden Entdeckungen, die mit Hilfe von Drosophila gemacht wurden, ist unglaublich lang und führte bereits zu sechs Nobelpreisen. Trotz der vielen offensichtlichen Unterschiede zwischen einer Fliege und einem Säugetier hat sich gezeigt, dass viele Gene und Eigenschaften neuronaler Schaltkreise zur Steuerung wesentlicher Verhaltensweisen im Laufe der Evolution erhalten geblieben sind. Der kurze Generationszyklus und die breite Palette an genetischen Werkzeugen machen Drosophila zu einem idealen Modellorganismus für die Erforschung von Verhalten und die Entwicklung von Krankheitsmodellen. Genetisch veränderte Fliegen ermöglichen es sogar, ausgewählte Nervenzellen während eines Verhaltensexperiments mit Hilfe eines Lichtreizes ein- oder auszuschalten (Optogenetik). So können Forschende die Funktion einzelner Nervenzellen und neuronaler Schaltkreise in der Fliege untersuchen.

Unsere Forschungsgruppe Neurobiologie der Flugsteuerung erforscht, wie Fliegen ihren Kurs während des Fluges kontrollieren - ein sehr komplexes Verhalten. Erfahren Sie mehr darüber im Videointerview mit der Gruppenleiterin Bettina Schnell.

Eine zweite Forschungsgruppe am MPINB, Neuronale Schaltkreise, arbeitet ebenfalls mit Drosophila. Die Forschenden wollen verstehen, wie sich neuronale Netzwerke im Gehirn im Laufe der Zeit verändern und wie diese Veränderungen mit dem Verhalten zusammenhängen. Lesen Sie hier mehr über unseren neuen Versuchsaufbau, bei dem sich eine Fliege in ihrer eigenen "virtuellen Realität" befindet und über unseren automatisierten Versuchsaufbau, der es unseren Forschenden ermöglicht, die Aktivität neuronaler Netzwerke bis zu einer Woche lang kontinuierlich zu erfassen, während eine Fliege läuft, frisst oder schläft.

Rattus norvegicus domestica

Laborratten gehören zu der Unterart Rattus norvegicus domestica. Sie werden für die wissenschaftliche Forschung gezüchtet und sind in der Biomedizin und Psychologie weit verbreitet. Am MPINB arbeiten wir mit Ratten, um zu verstehen, wie Säugetiere anhand ihres Sehvermögens Entscheidungen treffen und welche neuronalen Mechanismen dahinterstehen. Zu diesem Zweck entwickelt unsere Abteilung für Organisation des Gehirns und Verhaltens Miniatur-Multiphotonenmikroskope und optische Verfahren zur Detektion von Kopf- und Augenbewegungen bei sich frei bewegenden Tieren. Vor kurzem haben unsere Forschenden darüber hinaus einen neuen Ansatz zur genauen Quantifizierung der Skelettkinematik bei sich frei bewegenden Ratten entwickelt. Dieser Ansatz wird dazu beitragen, die Beziehung zwischen neuronaler Aktivität und komplexem Verhalten zu entschlüsseln. Lesen Sie unsere Pressemitteilung.

Unsere Forschungsgruppe In Silico Brain Sciences arbeitet ebenfalls mit Ratten. Die Forschenden konzentrieren sich dabei auf das Tasthaarsystem. Wie Mäuse und andere Nagetiere bewegen Ratten aktiv ihre Tasthaare, um ihre Umgebung zu erkunden. Unsere Forschenden wollen entschlüsseln, wie das Gehirn diesen sensorischen Input in Verhalten umwandeln kann. Sie kombinieren hierfür anatomische Rekonstruktionen neuronaler Schaltkreise, physiologische Daten von Nervenzellen und Computermodellierungen und erstellen so detaillierte neuronale Netzwerke. Lesen Sie die neueste Forschungsnachricht dieser Forschungsgruppe.

Mus musculus

In der biologischen Forschung noch häufiger genutzt als die Laborratte (siehe oben) ist die Labormaus. Mäuse werden seit dem 17. Jahrhundert zur Erforschung von Säugetieren eingesetzt. Am MPINB arbeitet unsere Abteilung für Organisation des Gehirns und Verhaltens mit sich frei bewegenden Mäusen, um die neuronalen Mechanismen zu verstehen, die dem Sehsinn und damit zusammenhängenden Verhaltensentscheidungen zugrunde liegen. Sehen Sie sich unser Video "Seeing what they see" an, in dem wir vorstellen, wie unsere Forschenden den "Blick durch die Augen einer Maus" rekonstruieren, während diese ihre Beute verfolgt und fängt.

Zudem haben Forschende dieser Abteilung vor kurzem ein Miniaturmikroskop entwickelt, das klein genug ist, um von einer Maus auf dem Kopf getragen zu werden, während sie sich frei bewegt. Das 3-Photonen-Mikroskop ermöglicht es, die neuronale Aktivität in allen Schichten der Großhirnrinde zu messen, selbst in den tiefsten. Mit einem Gewicht von nur 2 Gramm ist das Mikroskop extrem leicht und dank seiner Fernsteuerung kann das Tier ungestört sein natürliches Verhalten zeigen. Sehen Sie sich unser Video über dieses innovative Miniaturmikroskop an.

Caenorhabditis elegans

Der Fadenwurm Caenorhabditis elegans ist einer der am häufigsten verwendeten Modellorganismen in der biologischen Forschung, insbesondere in der Genetik. Der winzige, durchsichtige Wurm lässt sich im Labor leicht züchten. Er war der erste mehrzellige Organismus, dessen Genom vollständig sequenziert wurde und es steht ein umfangreicher genetischer Werkzeugkasten zur Verfügung. Das Nervensystem von C. elegans besteht aus genau 302 Nervenzellen. Trotz dieses einfachen Systems zeigt der Wurm eine breite Palette an Verhaltensweisen. Er ist daher ideal für die Erforschung grundlegender Prinzipien von neuronalen Netzwerken und von neuronalen und molekularen Mechanismen, die das Verhalten steuern.

Unsere Forschungsgruppe Neural Information Flow untersucht, wie das Nervensystem von C. elegans den enormen Informationsfluss verarbeitet, der ständig sowohl aus der Umgebung des Wurms, als auch von seinem inneren Zustand generiert wird und wie dies schließlich zu einer Verhaltensreaktion des Tieres führt. Sehen Sie sich unser Video über eine der jüngsten Veröffentlichungen dieser Forschungsgruppe an.

Darüber hinaus arbeiten unsere Forschungsgruppen Neural Information Flow und Genetik des Verhaltens gemeinsam an vergleichenden Studien über die beiden Wurmarten C. elegans und P. pacificus.

Pristionchus pacificus

Wie C. elegans (siehe oben) ist Pristionchus pacificus ein Fadenwurm, allerdings haben die beiden Arten zuletzt vor etwa 120 Millionen Jahren einen gemeinsamen Vorfahren gehabt und unterscheiden sich in einigen Punkten. Das Genom von P. pacificus ist vollständig sequenziert und viele genetische Werkzeuge, die aus der Forschung an C. elegans bekannt sind, funktionieren auch bei dieser Wurmart. Dies macht P. pacificus zu einem idealen Modellorganismus für die evolutionsbiologische Forschung. Unsere Forschungsgruppen Neural Information Flow und Genetik des Verhaltens arbeiten gemeinsam an vergleichenden Studien zu den beiden Wurmarten.

Auffallend für P. pacificus ist, dass innerhalb der Art zwei verschiedene Mundformen existieren. Die Würmer sind entweder auf die Ernährung durch Bakterien spezialisiert oder können, dank ihrer zahnähnlichen Mundstrukturen, räuberisches und kannibalistisches Verhalten zeigen und sich von anderen Würmern ernähren. Darüber hinaus hat P. pacificus die Fähigkeit entwickelt, seine eigenen Verwandten zu erkennen, damit diese nicht auf seinem Speiseplan landen. Unsere Forschungsgruppe Genetik des Verhaltens untersucht die molekularen und zellulären Mechanismen dieses faszinierenden Verhaltens und seine neuronalen Grundlagen im Kontext der Evolution. Schauen Sie unser Videointerview mit Gruppenleiter James Lightfoot an und besuchen Sie die Webseite seiner Gruppe.

Danionella cerebrum

Mit nur etwa 12 mm Körperlänge gehört der Süßwasserfisch Danionella cerebrum zu den kleinsten Wirbeltieren und besitzt eines der kleinsten bekannten Wirbeltiergehirne. Die winzigen Fische werden als Modellorganismen in der Verhaltensbiologie, Neurobiologie und Entwicklungsbiologie eingesetzt. Einer der größten Vorteile für die Forschung ist ihr durchsichtiger Körper und das Fehlen eines Schädeldachs, wodurch wir das Gehirn der lebenden Fische sehen können. Danionella cerebrum gehört zur gleichen Unterfamilie wie der Zebrafisch, der seinerseits ein beliebter Modellorganismus für die Genforschung ist. Zudem verfügt Danionella cerebrum über ein reiches Repertoire an Verhaltensweisen wie Balz, Schwarmverhalten und akustische Kommunikation (bei männlichen Fischen).

Unsere Abteilung Computational Neuroethology arbeitet mit Danionella cerebrum, um herauszufinden, wie sensorische Reize im Gehirn verarbeitet werden und wie neuronale Netzwerke die Entscheidungsfindung und letztendlich tierisches Verhalten steuern. Die geringe Größe des Gehirns ermöglicht es den Forschenden, Verhaltensstudien und funktionelle Bildgebung neuronaler Aktivität gleichzeitig durchzuführen sowie das Gehirn mit Hilfe der Elektronenmikroskopie zu analysieren.

Xenopus tropicalis

Der Tropische Krallenfrosch Xenopus tropicalis ist ein reines Wassertier, kann aber auch an Land über kurze Strecken migrieren. Die Frösche können bis zu 5 cm lang werden und sind in Tieflandwäldern und Flüssen in Westafrika beheimatet. Sie sind seit Jahrzehnten ein beliebter Modellorganismus für Entwicklungsbiologie, Genetik und Neurowissenschaften. X. tropicalis hat eine einzigartige evolutionäre Position, die sowohl Merkmale von Säugetieren als auch von Amphibien umfasst. Er wird daher auch für vergleichende genetische Studien verwendet. Im Gegensatz zu anderen Xenopus-Arten ist sein Genom diploid, es weist also zwei vollständige Chromosomensätze auf und ist daher dem menschlichen Genom strukturell ähnlich. Seit kurzem wird X. tropicalis daher sogar als Modell für menschliche Krankheiten und in der Pharmakologie verwendet.

Unsere Abteilung Computational Neuroethology arbeitet mit X. tropicalis, um zu verstehen, wie sich der Bewegungsapparat während der verschiedenen Entwicklungsstadien von der Kaulquappe bis hin zu einem Tier mit vier Gliedmaßen entwickelt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung des Rückenmarks und den Veränderungen, die während dieses Übergangs im Nervensystem stattfinden.

Danio rerio

Zebrafische sind tropische Süßwasserfische, die in Südostasien beheimatet sind. Sie ernähren sich von Insekten, Zooplankton und Phytoplankton. Seit den 1960er Jahren wird Danio rerio in der Forschung eingesetzt. Er ist populärer Modellorganismus der Entwicklungsbiologie von Wirbeltieren, da sein Larvenstadium transparent ist. Zudem wird der Zebrafisch häufig in der Genetik, Neurobiologie und biomedizinischen Forschung eingesetzt. Sein Genom ist vollständig sequenziert, er lässt sich relativ leicht genetisch manipulieren und 70 % der menschlichen Gene sind auch im Zebrafisch zu finden. Danio rerio wird für toxikologische Studien, die Krebsforschung, die Erforschung neurologischer Erkrankungen, Diabetes und vieles mehr eingesetzt. Verschiedene, sogenannte transgene Stämme, die fluoreszierende Proteine exprimieren, sind verfügbar und bieten breite Möglichkeiten für die funktionale Bildgebung. Viele Studien befassen sich mit der faszinierenden Fähigkeit des Zebrafisches, seinen Herzmuskel, die Seitenlinienzellen und die Netzhaut zu regenerieren. Ausgewachsene Zebrafische zeigen zudem ein komplexes Verhalten und bieten sich für Studien zu Belohnungsverhalten, Lernen und Gedächtnis, Aggression, Angst und Schlaf an, um die grundlegenden Mechanismen zu entschlüsseln, die dem Verhalten von Wirbeltieren zugrunde liegen.

Unsere Abteilung Computational Neuroethology arbeitet vor allem mit Zebrafischen im Larven- und Jugendstadium, um zu entschlüsseln, wie sensorische Reize im Gehirn umgewandelt werden und wie neuronale Netzwerke die Entscheidungsfindung und schließlich das Verhalten der Tiere steuern.