Forschungs-Nachricht

10 Schritte zum besseren Verständnis des Versuchstieres - ein Leitfaden für Verhaltensversuche

Ein internationales Team aus Experten für Verhaltensforschung und Neurobiologie plädiert dafür, das Design von Verhaltensstudien zu überdenken. Jüngste technische Entwicklungen und unser zunehmendes Wissen über das Verhalten von Tieren eröffnen enorme Chancen, mehr Wirklichkeitsbezug in Verhaltensstudien einzubringen. Der unterhaltsam geschriebene, im Journal of Experimental Biology veröffentlichte, 10-schrittige "Leitfaden" ermutigt Forschende, sich (wieder) mit der Ökologie und dem Lebensstil ihrer Tiere zu beschäftigen. Letztlich wird uns die ganzheitliche Betrachtung eines Tieres unserem Ziel näherbringen: Das Verhalten von Tieren und seine Kontrolle durch das Nervensystem zu verstehen.

Während eines gemeinsamen Workshops entspann sich eine Diskussion zwischen Forschenden von vier amerikanischen Universitäten und zwei deutschen Max-Planck-Instituten, die alle mit unterschiedlichen Tierarten arbeiten. Fortschrittliche Technologien wie die "genetische Schere" CRISPR oder die KI-gestützte Analyse von sich bewegenden Tieren sowie die parallelen Entwicklungen auf dem Gebiet der Neuroethologie stellen einen Wendepunkt für die Verhaltensforschung dar. Forschende können ihre Fragestellungen zunehmend ausweiten und realistischere Szenarien in die Verhaltensforschung einbeziehen. Was als Gespräch begann führte zu einer gemeinsamen Veröffentlichung mit dem Ziel alle, die mit Tieren arbeiten, zu ermutigen über den Tellerrand zu schauen und von Ansätzen aus anderen Bereichen der Verhaltensforschung zu profitieren.

Woher kommst du? Wer sind Deine Freunde und Feinde? Wonach suchst Du und was nimmst Du wahr? Woran denkst Du gerade jetzt? Der vorgeschlagene "Leitfaden" ist inspiriert von der Kolumne "To fall in love with anyone, do this", einem aus 36 Fragen bestehenden "Leitfaden zum Verlieben" von Mandy Len Catron (New York Times, 2015). Dieser hier beinhaltet allerdings lediglich zehn Fragen, deren Beantwortung dabei hilft, die Kluft zwischen kontrollierten Laborbedingungen und dem natürlichen Lebensraum eines Tieres zu überbrücken. Die Autor*innen erhoffen sich, einen Funken in den Forschenden zu entfachen, ihr Tier besser zu verstehen. Ob bei der Arbeit mit gängigen Labor-Modellorganismen wie der Fruchtfliege oder dem Fadenwurm C. elegans, mit Spinnen oder bei der Untersuchung von Fischen in freier Wildbahn - die Autor*innen plädieren dafür, ein tieferes Verständnis für das Verhalten von Tieren zu entwickeln und die leistungsstarken neuen Technologien zu nutzen, um naturnahe Zusammenhänge in die Labore zu bringen - oder sich aus dem Labor herauszuwagen. Gerade diese Studien sind entscheidend für das Verständnis komplexer Verhaltensweisen. Diese Publikation ist ein Lesevergnügen für alle, die tierisches Verhalten besser verstehen wollen.

Zur Publikation in JEB

Die Autor*innen

Monika Scholz, MPINB

S. Serena Ding, Max Planck Institute of Animal Behavior, Konstanz

Jessica L. Fox, Department of Biology, Case Western Reserve University, Cleveland

Andrew Gordus, Department of Biology, Johns Hopkins University, Baltimore

Abhilasha Joshi, Department of Physiology and Psychiatry, University of California

James C. Liao, Department of Biology, The Whitney Laboratory for Marine Bioscience, University of Florida

Julia Schlee, MPINB

In einem malerischen Pariser Straßencafé spielt sich eine ungewöhnliche Szene ab: Eine Wissenschaftlerin im Laborkittel und eine attraktive Fliege sitzen sich gegenüber.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Dr. Monika Scholz
Max Planck Forschungsgruppenleiterin