Jeder, der je versucht hat eine Fliege zu erschlagen, wird die unglaublich schnellen und akrobatischen Flugmanöver von Fliegen zu würdigen wissen. Innerhalb eines Sekundenbruchteils können Fliegen die Bewegung einer Hand oder einer anderen möglichen Bedrohung wahrnehmen und der Gefahr durch eine schnelle Kursänderung entkommen. Die Art, die wir untersuchen, die Fruchtfliege Drosophila melanogaster, erledigt diese Aufgabe mit einem Gehirn, das nicht größer ist als ein Salzkorn.
Ganz allgemein stellt das Flugvermögen einige besondere Herausforderungen an ein Lebewesen. Um nicht vom Kurs abzukommen oder vom Himmel zu fallen, wann immer eine Störung wie z.B. ein Windstoß auftritt, brauchen Fliegen ausgefeilte und schnelle stabilisierende Reflexe. Außerdem müssen sie präzise sensorische Informationen nutzen, die es ihnen ermöglichen, sich in einer komplexen dreidimensionalen Welt zu orientieren.
Wir interessieren uns dafür, wie das kleine Gehirn von Drosophila ein so komplexes Verhalten wie die Kurssteuerung während des Fluges kontrolliert. Um diese Frage zu beantworten, nutzen wir neuere technologische Fortschritte, die es uns erlauben, die Aktivität einzelner Nervenzellen im sich verhaltenden Tier zu messen. Dabei analysieren wir beabsichtigte Kursänderungen, indem wir die Bewegung der Flügel filmen, wobei der Kopf der Fliege an einer Halterung fixiert ist. Außerdem nutzen wir den ausgefeilten genetischen „Werkzeugkasten“, der für Drosophila verfügbar ist, um die Funktion spezifischer Nervenzellen zu manipulieren.
Mit den genannten Techniken wollen wir herausfinden, welche Nervenzellen in die Kontrolle der Kurssteuerung involviert sind, wie sie miteinander verschaltet sind und welche Berechnungen sie durchführen. Diese Arbeit wird hoffentlich Einblicke in die allgemeinen Mechanismen geben, wie neuronale Schaltkreise Verhalten und Entscheidungsfindung kontrollieren.